Es ist mir eine rechte Kunst,
Den armen Ratten Gift zu streuen!
Den armen Ratten Gift zu streuen!
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
Ihr Herrn, gesteht, ich weiss zu leben
Verliebte Leute sitzen hier,
Und diesen muss, nach Standsgebuhr,
Zur guten Nacht ich was zum besten geben.
Gebt acht! Ein Lied vom neusten Schnitt!
Und singt den Rundreim kraftig mit!
(Er singt. )
Es war eine Ratt im Kellernest,
Lebte nur von Fett und Butter,
Hatte sich ein Ranzlein angemast't,
Als wie der Doktor Luther.
Die Kochin hatt ihr Gift gestellt;
Da ward's so eng ihr in der Welt,
Als hatte sie Lieb im Leibe.
CHORUS (jauchzend):
Als hatte sie Lieb im Leibe.
BRANDER:
Sie fuhr herum, sie fuhr heraus,
Und soff aus allen Pfutzen,
Zernagt', zerkratzt, das ganze Haus,
Wollte nichts ihr Wuten nutzen;
Sie tat gar manchen Angstesprung,
Bald hatte das arme Tier genung,
Als hatt es Lieb im Leibe.
CHORUS:
Als hatt es Lieb im Leibe.
BRANDER:
Sie kam vor Angst am hellen Tag
Der Kuche zugelaufen,
Fiel an den Herd und zuckt, und lag,
Und tat erbarmlich schnaufen.
Da lachte die Vergifterin noch:
Ha! sie pfeift auf dem letzten Loch,
Als hatte sie Lieb im Leibe.
CHORUS:
Als hatte sie Lieb im Leibe.
SIEBEL:
Wie sich die platten Bursche freuen!
Es ist mir eine rechte Kunst,
Den armen Ratten Gift zu streuen!
BRANDER:
Sie stehn wohl sehr in deiner Gunst?
ALTMAYER:
Der Schmerbauch mit der kahlen Platte!
Das Ungluck macht ihn zahm und mild;
Er sieht in der geschwollnen Ratte
Sein ganz naturlich Ebenbild
(Faust und Mephistopheles treten auf. )
MEPHISTOPHELES:
Ich muss dich nun vor allen Dingen
In lustige Gesellschaft bringen,
Damit du siehst, wie leicht sich's leben lasst.
Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
Mit wenig Witz und viel Behagen
Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
Wenn sie nicht uber Kopfweh klagen,
So lang der Wirt nur weiter borgt,
Sind sie vergnugt und unbesorgt.
BRANDER:
Die kommen eben von der Reise,
Man sieht's an ihrer wunderlichen Weise;
Sie sind nicht eine Stunde hier.
FROSCH:
Wahrhaftig, du hast recht! Mein Leipzig lob ich mir!
Es ist ein klein Paris, und bildet seine Leute.
SIEBEL:
Fur was siehst du die Fremden an?
FROSCH:
Lass mich nur gehn! Bei einem vollen Glase
Zieh ich, wie einen Kinderzahn,
Den Burschen leicht die Wurmer aus der Nase.
Sie scheinen mir aus einem edlen Haus,
Sie sehen stolz und unzufrieden aus.