Tat ihn doch wahrlich nicht betruben,
Tat ihn, weiss Gott, recht herzlich lieben.
Tat ihn, weiss Gott, recht herzlich lieben.
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
FAUST:
Und Gretchen?
MEPHISTOPHELES:
Sitzt nun unruhvoll, Weiss weder, was sie will noch soll,
Denkt ans Geschmeide Tag und Nacht,
Noch mehr an den, der's ihr gebracht.
FAUST:
Des Liebchens Kummer tut mir leid.
Schaff du ihr gleich ein neu Geschmeid!
Am ersten war ja so nicht viel.
MEPHISTOPHELES:
O ja, dem Herrn ist alles Kinderspiel!
FAUST:
Und mach, und richt's nach meinem Sinn,
Hang dich an ihre Nachbarin!
Sei, Teufel, doch nur nicht wie Brei,
Und schaff einen neuen Schmuck herbei!
MEPHISTOPHELES:
Ja, gnad'ger Herr, von Herzen gerne.
(Faust ab. )
So ein verliebter Tor verpufft
Euch Sonne, Mond und alle Sterne
Zum Zeitvertreib dem Liebchen in die Luft.
(Ab. )
Der Nachbarin Haus
Marthe allein.
Gott verzeih's meinem lieben Mann,
Er hat an mir nicht wohl getan!
Geht da stracks in die Welt hinein
Und lasst mich auf dem Stroh allein.
Tat ihn doch wahrlich nicht betruben,
Tat ihn, weiss Gott, recht herzlich lieben.
(Sie weint. )
Vielleicht ist er gar tot! - O Pein! -
Hatt ich nur einen Totenschein!
(Margarete kommt. )
MARGARETE:
Frau Marthe!
MARTHE:
Gretelchen, was soll's?
MARGARETE:
Fast sinken mir die Kniee nieder!
Da find ich so ein Kastchen wieder
In meinem Schrein, von Ebenholz,
Und Sachen herrlich ganz und gar,
Weit reicher, als das erste war.
MARTHE:
Das muss Sie nicht der Mutter sagen;
Tat's wieder gleich zur Beichte tragen.
MARGARETE:
Ach seh Sie nur! ach schau Sie nur!
MARTHE (putzt sie auf):
O du glucksel'ge Kreatur!
MARGARETE:
Darf mich, leider, nicht auf der Gassen
Noch in der Kirche mit sehen lassen.
MARTHE:
Komm du nur oft zu mir heruber,
Und leg den Schmuck hier heimlich an;
Spazier ein Stundchen lang dem Spiegelglas voruber,
Wir haben unsre Freude dran;
Und dann gibt's einen Anlass, gibt's ein Fest,
Wo man's so nach und nach den Leuten sehen lasst.