Da mag denn Schmerz und Genuss,
Gelingen und Verdruss
Miteinander wechseln, wie es kann;
Nur rastlos betatigt sich der Mann.
Gelingen und Verdruss
Miteinander wechseln, wie es kann;
Nur rastlos betatigt sich der Mann.
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
Erz, Marmor, Pergament, Papier?
Soll ich mit Griffel, Meissel, Feder schreiben?
Ich gebe jede Wahl dir frei.
MEPHISTOPHELES:
Wie magst du deine Rednerei
Nur gleich so hitzig ubertreiben?
Ist doch ein jedes Blattchen gut.
Du unterzeichnest dich mit einem Tropfchen Blut.
FAUST:
Wenn dies dir vollig Gnuge tut,
So mag es bei der Fratze bleiben.
MEPHISTOPHELES:
Blut ist ein ganz besondrer Saft.
FAUST:
Nur keine Furcht, dass ich dies Bundnis breche!
Das Streben meiner ganzen Kraft
Ist grade das, was ich verspreche.
Ich habe mich zu hoch geblaht,
In deinen Rang gehor ich nur.
Der grosse Geist hat mich verschmaht,
Vor mir verschliesst sich die Natur
Des Denkens Faden ist zerrissen
Mir ekelt lange vor allem Wissen.
Lass in den Tiefen der Sinnlichkeit
Uns gluhende Leidenschaften stillen!
In undurchdrungnen Zauberhullen
Sei jedes Wunder gleich bereit!
Sturzen wir uns in das Rauschen der Zeit,
Ins Rollen der Begebenheit!
Da mag denn Schmerz und Genuss,
Gelingen und Verdruss
Miteinander wechseln, wie es kann;
Nur rastlos betatigt sich der Mann.
MEPHISTOPHELES:
Euch ist kein Mass und Ziel gesetzt.
Beliebt's Euch, uberall zu naschen,
Im Fliehen etwas zu erhaschen,
Bekomm Euch wohl, was Euch ergetzt.
Nur greift mir zu und seid nicht blode!
FAUST:
Du horest ja, von Freud' ist nicht die Rede.
Dem Taumel weih ich mich, dem schmerzlichsten Genuss,
Verliebtem Hass, erquickendem Verdruss.
Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist,
Soll keinen Schmerzen kunftig sich verschliessen,
Und was der ganzen Menschheit zugeteilt ist,
Will ich in meinem innern Selbst geniessen,
Mit meinem Geist das Hochst' und Tiefste greifen,
Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen haufen,
Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,
Und, wie sie selbst, am End auch ich zerscheitern.
MEPHISTOPHELES:
O glaube mir, der manche tausend Jahre
An dieser harten Speise kaut
Dass von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!
Glaub unsereinem, dieses Ganze
Ist nur fur einen Gott gemacht!
Er findet sich in einem ew'gen Glanze
Uns hat er in die Finsternis gebracht,
Und euch taugt einzig Tag und Nacht.
FAUST:
Allein ich will!
MEPHISTOPHELES:
Das lasst sich horen! Doch nur vor einem ist mir bang:
Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.
Ich dacht, ihr liesset Euch belehren.
Assoziiert Euch mit einem Poeten,
Lasst den Herrn in Gedanken schweifen,
Und alle edlen Qualitaten
Auf Euren Ehrenscheitel haufen,
Des Lowen Mut,
Des Hirsches Schnelligkeit,
Des Italieners feurig Blut,
Des Nordens Dau'rbarkeit.
Lasst ihn Euch das Geheimnis finden,
Grossmut und Arglist zu verbinden,
Und Euch, mit warmen Jugendtrieben,
Nach einem Plane zu verlieben.