Was schlurfst aus dumpfem Moos und
triefendem
Gestein
Wie eine Krote Nahrung ein?
Wie eine Krote Nahrung ein?
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
(Mephistopheles tritt auf. )
MEPHISTOPHELES:
Habt Ihr nun bald das Leben gnug gefuhrt?
Wie kann's Euch in die Lange freuen?
Es ist wohl gut, dass man's einmal probiert
Dann aber wieder zu was Neuen!
FAUST:
Ich wollt, du hattest mehr zu tun,
Als mich am guten Tag zu plagen.
MEPHISTOPHELES:
Nun, nun! ich lass dich gerne ruhn,
Du darfst mir's nicht im Ernste sagen.
An dir Gesellen, unhold, barsch und toll,
Ist wahrlich wenig zu verlieren.
Den ganzen Tag hat man die Hande voll!
Was ihm gefallt und was man lassen soll,
Kann man dem Herrn nie an der Nase spuren.
FAUST:
Das ist so just der rechte Ton!
Er will noch Dank, dass er mich ennuyiert.
MEPHISTOPHELES:
Wie hattst du, armer Erdensohn
Dein Leben ohne mich gefuhrt?
Vom Kribskrabs der Imagination
Hab ich dich doch auf Zeiten lang kuriert;
Und war ich nicht, so warst du schon
Von diesem Erdball abspaziert.
Was hast du da in Hohlen, Felsenritzen
Dich wie ein Schuhu zu versitzen?
Was schlurfst aus dumpfem Moos und triefendem Gestein
Wie eine Krote Nahrung ein?
Ein schoner, susser Zeitvertreib!
Dir steckt der Doktor noch im Leib.
FAUST:
Verstehst du, was fur neue Lebenskraft
Mir dieser Wandel in der Ode schafft?
Ja, wurdest du es ahnen konnen,
Du warest Teufel gnug, mein Gluck mir nicht zu gonnen.
MEPHISTOPHELES:
Ein uberirdisches Vergnugen.
In Nacht und Tau auf den Gebirgen liegen
Und Erd und Himmel wonniglich umfassen,
Zu einer Gottheit sich aufschwellen lassen,
Der Erde Mark mit Ahnungsdrang durchwuhlen,
Alle sechs Tagewerk im Busen fuhlen,
In stolzer Kraft ich weiss nicht was geniessen,
Bald liebewonniglich in alles uberfliessen,
Verschwunden ganz der Erdensohn,
Und dann die hohe Intuition-
(mit einer Gebarde)
Ich darf nicht sagen, wie- zu schliessen.
FAUST:
Pfui uber dich!
MEPHISTOPHELES:
Das will Euch nicht behagen; Ihr habt das Recht, gesittet pfui zu sagen.
Man darf das nicht vor keuschen Ohren nennen,
Was keusche Herzen nicht entbehren konnen.
Und kurz und gut, ich gonn Ihm das Vergnugen,
Gelegentlich sich etwas vorzulugen;
Doch lange halt Er das nicht aus.
Du bist schon wieder abgetrieben
Und, wahrt es langer, aufgerieben
In Tollheit oder Angst und Graus.
Genug damit! Dein Liebchen sitzt dadrinne,
Und alles wird ihr eng und trub.
Du kommst ihr gar nicht aus dem Sinne,
Sie hat dich ubermachtig lieb.
Erst kam deine Liebeswut ubergeflossen,
Wie vom geschmolznen Schnee ein Bachlein ubersteigt;
Du hast sie ihr ins Herz gegossen,
Nun ist dein Bachlein wieder seicht.