Du, Holle,
musstest
dieses Opfer haben.
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
FAUST:
Entfliehe, Kuppler!
MEPHISTOPHELES:
Schon! Ihr schimpft, und ich muss lachen. Der Gott, der Bub' und Madchen
schuf,
Erkannte gleich den edelsten Beruf,
Auch selbst Gelegenheit zu machen.
Nur fort, es ist ein grosser Jammer!
Ihr sollt in Eures Liebchens Kammer,
Nicht etwa in den Tod.
FAUST:
Was ist die Himmelsfreud in ihren Armen?
Lass mich an ihrer Brust erwarmen!
Fuhl ich nicht immer ihre Not?
Bin ich der Fluchtling nicht? der Unbehauste?
Der Unmensch ohne Zweck und Ruh,
Der wie ein Wassersturz von Fels zu Felsen brauste,
Begierig wutend nach dem Abgrund zu?
Und seitwarts sie, mit kindlich dumpfen Sinnen,
Im Huttchen auf dem kleinen Alpenfeld,
Und all ihr hausliches Beginnen
Umfangen in der kleinen Welt.
Und ich, der Gottverhasste,
Hatte nicht genug,
Dass ich die Felsen fasste
Und sie zu Trummern schlug!
Sie, ihren Frieden musst ich untergraben!
Du, Holle, musstest dieses Opfer haben.
Hilf, Teufel, mir die Zeit der Angst verkurzen.
Was muss geschehn, mag's gleich geschehn!
Mag ihr Geschick auf mich zusammensturzen
Und sie mit mir zugrunde gehn!
MEPHISTOPHELES:
Wie's wieder siedet, wieder gluht!
Geh ein und troste sie, du Tor!
Wo so ein Kopfchen keinen Ausgang sieht,
Stellt er sich gleich das Ende vor.
Es lebe, wer sich tapfer halt!
Du bist doch sonst so ziemlich eingeteufelt.
Nichts Abgeschmackters find ich auf der Welt
Als einen Teufel, der verzweifelt.
Gretchens Stube.
Gretchen (am Spinnrad, allein).
GRETCHEN:
Meine Ruh ist hin,
Mein Herz ist schwer;
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.
Wo ich ihn nicht hab,
Ist mir das Grab,
Die ganze Welt
Ist mir vergallt.
Mein armer Kopf
Ist mir verruckt,
Meiner armer Sinn
Ist mir zerstuckt.
Meine Ruh ist hin,
Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.