FAUST:
Was ist mit diesem Ratselwort gemeint?
Was ist mit diesem Ratselwort gemeint?
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
Erwarte nicht
Das dreimal gluhende Licht!
Erwarte nicht
Die starkste von meinen Kunsten!
(Mephistopheles tritt, indem der Nebel fallt, gekleidet wie ein
fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor. )
MEPHISTOPHELES:
Wozu der Larm? was steht dem Herrn zu Diensten?
FAUST:
Das also war des Pudels Kern!
Ein fahrender Skolast? Der Kasus macht mich lachen.
MEPHISTOPHELES:
Ich salutiere den gelehrten Herrn!
Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.
FAUST:
Wie nennst du dich?
MEPHISTOPHELES:
Die Frage scheint mir klein Fur einen, der das Wort so sehr verachtet,
Der, weit entfernt von allem Schein,
Nur in der Wesen Tiefe trachtet.
FAUST:
Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
Gewohnlich aus dem Namen lesen,
Wo es sich allzu deutlich weist,
Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lugner heisst.
Nun gut, wer bist du denn?
MEPHISTOPHELES:
Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Bose will und stets das Gute
schafft.
FAUST:
Was ist mit diesem Ratselwort gemeint?
MEPHISTOPHELES:
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, dass es zugrunde geht;
Drum besser war's, dass nichts entstunde.
So ist denn alles, was ihr Sunde,
Zerstorung, kurz, das Bose nennt,
Mein eigentliches Element.
FAUST:
Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?
MEPHISTOPHELES:
Bescheidne Wahrheit sprech ich dir.
Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt
Gewohnlich fur ein Ganzes halt-
Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war
Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar
Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
Und doch gelingt's ihm nicht, da es, so viel es strebt,
Verhaftet an den Korpern klebt.
Von Korpern stromt's, die Korper macht es schon,
Ein Korper hemmt's auf seinem Gange;
So, hoff ich, dauert es nicht lange,
Und mit den Korpern wird's zugrunde gehn.
FAUST:
Nun kenn ich deine wurd'gen Pflichten!
Du kannst im Grossen nichts vernichten
Und fangst es nun im Kleinen an.
MEPHISTOPHELES:
Und freilich ist nicht viel damit getan.
Was sich dem Nichts entgegenstellt,
Das Etwas, diese plumpe Welt
So viel als ich schon unternommen
Ich wusste nicht ihr beizukommen
Mit Wellen, Sturmen, Schutteln, Brand-
Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
Und dem verdammten Zeug, der Tier- und Menschenbrut,
Dem ist nun gar nichts anzuhaben:
Wie viele hab ich schon begraben!
Und immer zirkuliert ein neues, frisches Blut.
So geht es fort, man mochte rasend werden!
Der Luft, dem Wasser wie der Erden
Entwinden tausend Keime sich,
Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!