Umsonst, dass trocknes Sinnen hier
Die heil'gen Zeichen dir erklart:
Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir;
Antwortet mir, wenn ihr mich hort!
Die heil'gen Zeichen dir erklart:
Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir;
Antwortet mir, wenn ihr mich hort!
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
Ach! konnt ich doch auf Bergeshohn
In deinem lieben Lichte gehn,
Um Bergeshohle mit Geistern schweben,
Auf Wiesen in deinem Dammer weben,
Von allem Wissensqualm entladen,
In deinem Tau gesund mich baden!
Weh! steck ich in dem Kerker noch?
Verfluchtes dumpfes Mauerloch,
Wo selbst das liebe Himmelslicht
Trub durch gemalte Scheiben bricht!
Beschrankt mit diesem Bucherhauf,
den Wurme nagen, Staub bedeckt,
Den bis ans hohe Gewolb hinauf
Ein angeraucht Papier umsteckt;
Mit Glasern, Buchsen rings umstellt,
Mit Instrumenten vollgepfropft,
Urvater Hausrat drein gestopft-
Das ist deine Welt! das heisst eine Welt!
Und fragst du noch, warum dein Herz
Sich bang in deinem Busen klemmt?
Warum ein unerklarter Schmerz
Dir alle Lebensregung hemmt?
Statt der lebendigen Natur,
Da Gott die Menschen schuf hinein,
Umgibt in Rauch und Moder nur
Dich Tiergeripp und Totenbein.
Flieh! auf! hinaus ins weite Land!
Und dies geheimnisvolle Buch,
Von Nostradamus' eigner Hand,
Ist dir es nicht Geleit genug?
Erkennest dann der Sterne Lauf,
Und wenn Natur dich Unterweist,
Dann geht die Seelenkraft dir auf,
Wie spricht ein Geist zum andren Geist.
Umsonst, dass trocknes Sinnen hier
Die heil'gen Zeichen dir erklart:
Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir;
Antwortet mir, wenn ihr mich hort!
(Er schlagt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Makrokosmus. )
Ha! welche Wonne fliesst in diesem Blick
Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
Ich fuhle junges, heil'ges Lebensgluck
Neugluhend mir durch Nerv' und Adern rinnen.
War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb,
Die mir das innre Toben stillen,
Das arme Herz mit Freude fullen,
Und mit geheimnisvollem Trieb
Die Krafte der Natur rings um mich her enthullen?
Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!
Ich schau in diesen reinen Zugen
Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.
Jetzt erst erkenn ich, was der Weise spricht:
"Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;
Dein Sinn ist zu, dein Herz ist tot!
Auf, bade, Schuler, unverdrossen
Die ird'sche Brust im Morgenrot! "
(er beschaut das Zeichen. )
Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt!
Wie Himmelskrafte auf und nieder steigen
Und sich die goldnen Eimer reichen!
Mit segenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen,
Harmonisch all das All durchklingen!
Welch Schauspiel!